Tiefe oder Oberfläche? Welches KI-Modell für welche Aufgabe?

tl;dr: Verwenden Sie Reasoning-Modelle für komplexe, genaue und neuartige Aufgabenstellungen, die tiefgehende logische Analysen erfordern. Einfachere Modelle eignen sich hingegen hervorragend für Standardaufgaben, bei denen Geschwindigkeit und Ressourceneffizienz entscheidend sind.

Wenn Sie bereits mit KI-Modellen gearbeitet haben, sind Sie vermutlich über verschiedene Versionen gestolpert: das neuere Reasoning-Modell, bei ChatGPT „GPT-o1“, und das etwas ältere, etablierte Modell „GPT-4“. Doch wann sollten Sie welches Modell wählen? In diesem Beitrag klären wir die Unterschiede und zeigen, wann welcher Einsatz am meisten Sinn ergibt.

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Was steckt hinter den Modellen?

Reasoning-Modelle sind aktuelle, leistungsstarke KI-Modelle, die speziell auf komplexe Denkprozesse ausgelegt sind. Sie punkten besonders dort, wo logische Zusammenhänge, differenzierte Argumentationen und tiefes Verständnis gefragt sind. Dabei zeichnen sie sich durch eine hohe Genauigkeit, starke logische Fähigkeiten und eine verbesserte Fähigkeit aus, subtile Zusammenhänge zu erkennen.

Typische Anwendungen, die Reasoning nutzen:

  • Diagnosetools (z.B. medizinische Diagnosen, technische Fehleranalysen)
  • Rechtsberatungssysteme
  • Komplexe Entscheidungssysteme (z.B. Microsoft Copilot, GPT-4 basierte Chatbots)
  • Wissenschaftliche Analysen (z.B. Wolfram Alpha)

Einfachere Modelle haben sich bereits über längere Zeit bewährt. Sie sind robust, zuverlässig und besonders effektiv, wenn es um schnellere, weniger komplexe Anfragen geht. Ihre Stärke liegt vor allem in der Geschwindigkeit, Effizienz und bewährten Zuverlässigkeit bei Standardanwendungen,

Typische Anwendungen, die Reasoning nicht verwenden müssen:

  • Einfache Frage-Antwort-Systeme (z.B. FAQ-Bots)
  • Datenbankabfragen
  • Schnelle Übersetzungsaufgaben (z.B. frühere Versionen von DeepL)
  • Zusammenfassungen von Texten
  • Standardisierte Textgenerierung (z.B. Produktbeschreibungen, Bildbeschreibungen, E-Mails)

Seit wann setzt ChatGPT auf Reasoning?

Gefragt genau so von mir, antwortet ChatGPT: „ChatGPT setzt offiziell seit dem Erscheinen von GPT-4 am 14. März 2023 verstärkt auf Reasoning. Bereits GPT-3 und GPT-3.5 verfügten über gewisse logische Fähigkeiten, aber erst GPT-4 wurde explizit darauf optimiert, komplexe Denkprozesse, differenziertes Reasoning und tiefgehende logische Zusammenhänge zu unterstützen. Die Verbesserung wurde insbesondere dadurch sichtbar, dass GPT-4 bei Aufgaben, die logische Schlussfolgerungen, mathematisches Denken oder anspruchsvolle Argumentationen erfordern, deutlich besser abschnitt als frühere Versionen (z.B. GPT-3.5).“ Nun, erste Körner von Reasoning in Modell GPT-4, aber das Pflänzchen blüht wohl erst. Oder ist am Aufblühen. Oder kommt erst aus dem Boden. Man weiß es nicht ganz genau, aber mit dem Reasoning geht der Weg in Richtung Artificial General Intelligence.

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Welches Modell wofür?

Wann sollten wir ein Reasoning-Modell verwenden?

  • Komplexe Fragestellungen: Wenn Ihre Aufgabe vielschichtige Analysen, komplexes logisches Denken oder tiefergehendes Reasoning verlangt, ist o1 das Mittel der Wahl.
  • Qualität vor Geschwindigkeit: o1 bietet präzisere Ergebnisse, braucht dafür jedoch etwas mehr Verarbeitungszeit. Wenn Genauigkeit und Qualität an oberster Stelle stehen, lohnt sich dieser Aufwand.
  • Neuartige Probleme: Für Anwendungsfälle, bei denen traditionelle Modelle Schwierigkeiten haben, besonders in der Erkennung feiner Nuancen und Zusammenhänge, überzeugt ein Reasoning-Modell durch höhere Genauigkeit.

Wann ist das ältere Modell die bessere Wahl?

  • Standardanwendungen: Bei Routineaufgaben, die keine tiefen logischen Schlüsse oder komplexen Analysen erfordern, punktet ein älteres Modell mit schneller Bearbeitung.
  • Ressourcenfreundliche Nutzung: Das ältere Modell verbraucht weniger Ressourcen und ist deshalb ideal, wenn Geschwindigkeit und Kosteneffizienz im Vordergrund stehen.
  • Gut dokumentierte Anwendungsfälle: Für Aufgaben, bei denen bewährte Prozesse vorliegen und die Ergebnisse klar definiert sind, ist das ältere Modell ausreichend.

Einfluss von KI-Modellen auf die Umwelt

Der Einsatz von KI-Modellen, insbesondere leistungsstarken Reasoning-Modellen, hat einen erheblichen Einfluss auf die Umwelt. KI-Systeme benötigen immense Mengen an Strom, sowohl für das initiale Training als auch für den laufenden Betrieb. Untersuchungen zeigen beispielsweise, dass das Training eines einzigen großen KI-Modells ähnlich viel CO2 erzeugen kann wie mehrere Autos während ihres gesamten Lebenszyklus (Strubell et al., 2019). Komplexe Reasoning-Modelle sind besonders energie- bzw. ressourcenintensiv, da sie tiefgehende Berechnungen durchführen. Laut einer Studie des MIT können große Sprachmodelle jährlich mehrere hundert Tonnen CO2 verursachen (MIT Technology Review, 2023). Daher ist es entscheidend, bei der Modellauswahl den Ressourcenverbrauch zu berücksichtigen und bevorzugt auf energieeffizientere Modelle zu setzen oder nachhaltige Infrastruktur wie erneuerbare Energien zu nutzen.

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Man kann seinen ökologischen Fußabdruck berechnen:

https://www.mein-fussabdruck.at/

Fazit

Beide Modelle haben zwar ihre Berechtigung – die Wahl hängt stark von Ihrer spezifischen Anforderung ab. Benötigen Sie höchste Genauigkeit und komplexes Reasoning, dann greifen Sie zum o1-Modell. Geht es hingegen um Effizienz, Schnelligkeit und Standardlösungen, sind ältere Modelle meist die bessere Entscheidung. Wieso besser? Weil sie zwar auch Ressourcen „fressen“, aber ein bisschen weniger. Der ökologische Fußabdruck von KI ist ohnehin problematisch, wir sollten also bei der Modell-Wahl gut überlegen. Welche Tiefe will ich denn erreichen? Und damit geht auch die Wahl das passenden Prompts einher, wie in einem Salat-Post bereits am Beispiel von Boomer und Schopenhauer gezeigt:

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