Im Zuge der Verleihung des ELCH 2014, des E-Learning Champions, an der Universität Graz gestern Abend hielt Thomas Strasser von der PH Wien einen kurzweiligen Gastvortrag mit dem Titel „Ohne Grenzen? Grenzgenial? Online-Kollaboration im Unterricht“.
Es ging dabei um Möglichkeiten und Grenzen des kollaborativen Online-Arbeitens im Unterricht und auch allgemein um den Einsatz digitaler Werkzeuge im Lehrbetrieb. Der Vortrag war auf 20 Minuten begrenzt, vieles konnte also nur gestreift und nicht in der Tiefe ausgeführt werden, auch wenn es spannend gewesen wäre.
Was ich an Thomas Strasser so schätze ist sein Zugang zu Medien in Unterricht und Lehre. Didaktik vor Technologie, so lässt sich der Ansatz knapp beschreiben und die drei Worte in dieser Reihenfolge treffen den Nagel punkt genau auf den Kopf. Es geht in der Lehre nicht darum, Medien einzusetzen und zu hoffen, damit ein Allheilmittel gefunden zu haben, das den Lernprozess auslöst. Es geht nicht darum, Technologien einzusetzen, weil sie gerade zeitgemäß sind, und nur weil sie gerade zeitgemäß sind. Es geht nicht darum, Medien einzusetzen, weil man Medien einsetzen muss/soll/kann/darf/will.
[Auf Google+ gibt’s dazu gerade eine spannende Diskussion bzw. eine von Martin Lindner geposteten und kommentierten Beitag zum Thema Lehrer und Internet.]
Vielmehr geht es darum, auch mal unzeitgemäß zu sein, wie Thomas Strasser in seinem Beitrag gezeigt hat. Das Folgen von Trends ist ja schön und gut, aber es geht darum, diesen Trends in sinnvoller Art und Weise zu folgen. Es geht darum, Medien richtig und sinnvoll einzusetzen – ja, ich weiß, was ist schon richtig? Aber diese Diskussion lasse ich mal außen vor. Lernen mit und über Medien sollte selbstverständlich sein, Lernerinnen und Lerner sollen Medien aber reflektiert zur Beförderung des Lernprozesses einsetzen und sich über Stärken und Schwächen unterschiedlicher Zugänge zum Lernen bewusst sein. Und so soll es auch mit den Lehrpersonen sein. Es ist wichtig, dass wir wissen, wann wir welches Werkzeug oder Medium zu welchem Zweck einsetzen. Erst wenn wir wissen, welches Lernziel wir erreichen wollen, können wir auch auswählen, wie wir dorthin kommen. Das didaktische Setting steht also im Vordergrund, oder eigentlich der Lernprozess der Lernerinnen und Lerner. Unsere Lernziele sind wirklich das Ziel, wie wir dorthin kommen, das ist eine andere Sache. Es ist eigentlich ganz einfach. Oder nicht?
Schauen wir uns mal das Video „This Will Revolutionize Education“ an, in dem kompakt gezeigt wird, wie sich der Medieneinsatz auf das Lernen auswirkt und welche Rolle die Lehrperson im modernen (digitalen) Klassenzimmer einnehmen soll:
Was revolutioniert denn schon wirklich? Nur weil die Jugendlichen heute mit dem Smartphone und auch Tablet aufwachsen, heißt das noch lange nicht, dass sie damit auch umgehen können. Nur weil ich einen Computer zuhause habe, heißt das nicht, dass ich ihn auch verwenden kann. Und schon mal dran gedacht, wie das mit einem Mixer, einem Fahrrad oder auch einer Staffelei ist? Wir müssen den Lernenden dabei helfen, die Medien für sich so einzusetzen, dass sie einen Mehrwert aus der Nutzung erzielen können. Lehrende sind keine Animateurinnen und Animateure, sondern Lernbegleiter, die Lust Interesse wecken und motivieren, aber nicht nur.
Was ist schon dabei, wenn Schüler*innen ein Vokabel im Internet nachschlagen? Was ist schon dabei, wenn man Wikipedia konsultiert? Oder wieder anders: Was ist dabei, wenn man nach Rezept kocht? Wenn man nach Anleitung strickt? Im Grunde doch eigentlich nichts, oder? Nur die Techniken dahinter müssen beherrscht werden. Ich muss wissen, wo ich nachschaue oder wen ich frage. Ich muss wertvolle von weniger wertvollen Informationen trennen können. Lernende brauchen unterschiedliche Literacies, aber keine neuen Literacies, wenn man es genau nimmt. Die Literacies, oder Kompetenzen und Fähigkeiten, sind nur anders gelagert, wenn man die Raummetapher strapazieren möchte, angepasst an neue Lernräume, in denen Geschwindigkeit und Menge der Informationen zugenommen haben. Aber dazu an anderer Stelle mehr.