Liebe auf den zweiten Blick
Wenn Bob Blume zur Blogparade unter dem Titel „Es war einmal die Lernlust“ aufruft und ich mich durch die Zeitform des Verbs irritiert fühle, dann sagt das vielleicht doch was aus, oder? Wobei ich mich kenne und wahrscheinlich oder ziemlich sicher ein wenig am Thema vorbeischreibe – vielleicht.
Ich erinnere mich ganz allgemein gerne an meine Zeit in der Schule und habe die Lernlust nie verloren. Da gäbe es wahnsinnig viele Beispiele für mich, die ich berichten kann: offener Unterricht von Anfang an, fächerübergreifender Unterricht, Game-Based-Learning, Problem-Based-Learning, zahlreiche Projekte und auch viel gestalterische Freiheiten. Allgemein hatte ich vielleicht Glück, das mag schon sein, aber all jene Konzepte, die heute in aller Munde sind, waren in meiner Schulzeit schon umgesetzt. Wir kollaborierten und kooperierten (nicht immer ganz offiziell ;-), agierten dabei selbstgesteuert und eigenverantwortlich und wir lernten auch fürs Leben und nicht nur für die Schule – non scholae sed vitae discimus. Das war uns damals nicht immer klar, aber der Umstieg in die Uni und das Hochschulleben fiel mir zumindest überhaupt nicht schwer.
Für mich besonders prägend war die siebte Klasse, also 11. Schulstufe, als wir mit Schulbeginn einen „Neuen“ in der Klasse hatten. Ein finnischer Austauschschüler verbrachte ein Jahr in unserer Klasse. Schnell war er der Schwarm scheinbar aller Mädchen – zumindest fühlte es sich so an. Durch Zufall saß er neben mir und wir hatten jede Menge Spaß. Er brachte mich nicht nur dazu, aktiv Englisch zu sprechen und meine deutschen Sprach- und v.a. Grammatikkenntnisse zu reflektieren, er brachte mich vor allem auch dazu, unsere österreichische und v.a. steirische Kultur nicht zu hinterfragen aber dennoch kritisch zu sehen. Was macht mich als Steirerin aus? In einer Zeit, in der sich viele selbst finden, fand ich nicht nur mich, sondern auch mein kulturelles und vielleicht interkulturelles Ich, denn gleichzeitig lernte ich die finnische Kultur kennen und entdeckte meine Liebe für Skandinavien. Der Abschied am Ende des Schuljahres fiel schwer und der Kontakt brach relativ rasch ab. Doch weiß ich jetzt, wie viel ich dieser – wenn auch befristeten – Freundschaft zu verdanken habe. Heute sagt man interkulturelles Lernen dazu, damals war es einfach eine Freundschaft in der Schule. Ich könnte hier so manche Anekdote aus dieser Zeit vor Facebook und sozialen Netzwerken erzählen und vieles fällt mir jetzt auch erst wieder aktiv ein.
Jedenfalls stärkte diese Begegnung meine Sprachaffinität. Ich studierte Französisch, später Italienisch und das auf Lehramt und habe viel Freude, meine Faszination für Sprachen und Kulturen an Lerner/innen weiterzugeben. Und ich hörte nicht auf, zu lernen und kritisch zu hinterfragen. In einer Sprache ist vieles „vielleicht einfach so“, zumindest auf den ersten Blick. Wenn man aber überlegt, gibt es für das eine oder andere eine Erklärung.
Liebe auf den zweiten Blick deswegen, weil nach der Schule im Studium so ein wenig die Zeit fehlte, um mich Skandinavien zu widmen. Nach dem Studium aber begann ich, Schwedisch zu lernen, Finnisch steht noch auf meiner To-do-Liste. Die Lernlust ist da – und heute ist es auch einfacher, mit Menschen in anderen Ländern Kontakt zu haben. Skype, Facebook und andere soziale Netzwerke ermöglichen den Austausch und damit – wenn man möchte – auch das Sprachen- und interkulturelle Lernen. Und da habe ich jetzt auch wieder Kontakt zum finnischen Austauschschüler 🙂