Vom Making und dem berühmten Flow

Es gibt so einen schönen Spruch, über den ich vor einigen Wochen eher zufällig gestolpert bin: Kinder können vieles selbst tun, doch wenig allein. Ich finde man könnte, ihn auch ausweiten auf Jugendliche und Erwachsene. Der Fokus liegt dabei am Tun und wie viel Freude man beim Tun haben kann, hat man heute auf den #MakerDays (for kids) an der Technischen Universität Graz ganz deutlich gemerkt.

Stellen Sie sich einen Raum vor, in dem Lötkobeln stehen, eine Stickmaschine, viele bunte Bastelutensilien, bunte Stifte in unterschiedlichen Größen, ein 3D-Drucker, kleine Roboter und vieles mehr… Am Boden sind schwarze Linien aufgeklebt, die den Weg zum Flughafen und zur Fabrik weisen. Ein Angry Bird fliegt durch die Luft, überall geht es geschäftig zu. Niemand blickt auf die Uhr, die Zeit vergeht wie im Flug. Die Anwesenden sind so in ihre Arbeit vertieft, dass sie den Aufruf, es ginge jetzt zum Abschlussplenum, einfach überhören. Vielfach hört man: „Kann ich das bitte nachher noch fertig machen?“

Eigene Aufnahme

Bei klassischen Tagungen ist das Abschlussplenum oftmals eine Sache von wenigen, die sich am Ende des Tages noch mal kurz zusammensetzen, um den Tag Revue passieren zu lassen. Bei den Maker Days ist das anders. Da wird eifrig zugehört, mitgemacht, nachgeahmt und vor allem selbst gemacht. Beim heutigen Fachtreffen waren mehrheitlich Erwachsene anwesend, die aus unterschiedlichen Bereichen stammen (die übrigen Tage stehen im Zeichen zehn- bis 14-jähriger Teilnehmer*innen). Ihre Augen glänzen, als sie am Ende des Tages von ihrem Learning erzählen: „Ich hab gedacht, Programmieren ist öd. Aber heut hab ich selbst programmiert. Und es hat Spaß gemacht.“ Oder auch: „Ich hab heut meinen ersten Sticker gemacht.“ Die Einführungen in die verschiedenen Stationen sind kurz, überall ist jemand, der unterstützend da ist. Das erforschende Lernen und das Selbst-Ausprobieren stehen eindeutig im Vordergrund. Und es funktioniert. Man spürt den berühmten Flow – ein Blick auf die Uhr – 20 Minuten sind vorbei, die Arbeit noch nicht fertig.

Dass bei vielen Aufgaben, wie beim Umgang mit dem Ozobot oder micro:bit, Computational Thinking und Logik quasi nebenbei trainiert werden, daran denkt man nicht. Dass hier informatische Grundbildung gelebt wird, ebenso nicht. Es passiert.

Was passiert, wenn ein Teil ausgeht? Man improvisiert. Man ist kreativ und flexibel. Es gibt natürlich vorgegebene Wege, aber diese muss man nicht unbedingt beschreiten. Gemeinsam findet man neue Lösungen, bespricht mögliche Wege und entscheidet sich für einen Weg. Und am Ende hält man ein fertiges Produkt in den Händen – ein bestickter Polster, eine Keksform aus dem 3D-Drucker oder – wie in meinem Fall – Ohrringe. Passend im Rot meiner Musikerinnentracht – das versteht sich. Ich habe seit Jahrzehnten das erste Mal wieder einen Lötkolben in der Hand gehalten und mit Leuchtdioden gearbeitet. Dass man die beiden Pole der Batterie beachten muss, ist klar – funktioniert sonst ja natürlich nicht. Ein klein wenig Elektrotechnik ist da natürlich auch dabei. Und wenn ich noch ein wenig mehr Zeit gehabt hätte, dann wäre ich wohl auch die anderen Makerspaces noch abgegangen.

Eigene Aufnahme

Was ich für mich mitnehme? Das Gefühl nebenbei gelernt zu haben, Freude beim Ausprobieren gehabt zu haben. Das Gefühl, selbst etwas getan zu haben. Und so soll Lernen ja schließlich auch funktionieren. Man probiert etwas, macht einen Fehler, sucht einen anderen Weg und lernt daraus. Learning by Doing – oder Learning by Making. Ein Gefühl, das ich für mich in die Lehre im neuen Semester mitnehme. Mal sehen, was sich daraus an Unterrichtskonzepten ergibt. Vielleicht aber auch nur endlich mal die Idee, Programmiersprache und Fremdsprache als Sprachen zu sehen, die man lernen kann – mit System.

Und vielleicht die Idee, in diesem Bereich ein paar neue Unterrichtsbausteine, neben den mit meinem Kollegen Gerald Geier bereits angedachten zu entwickeln. Denn Sprache ist Code und besteht aus Zeichen (man denke an Ferdinand de Saussures Zeichenmodell des Signifiant und Signifié oder allgemein die Semiotik) – egal ob Fremd- oder Programmiersprache – und ein zumindest rezeptives Verständnis schadet nicht.