Von einer Erfahrung, die mich vor den Studierenden perplex dastehen ließ…

Meine Studierenden an der Universität haben mich zu einem Blogpost inspiriert. Stellen Sie sich folgendes Setting vor: Es ist Montag in der Früh, die Studierenden (vornehmlich relativ am Ende ihres Studiums) haben sich allen Himmelsrichtungen zusammengefunden, um an einer Lehrveranstaltung teilzunehmen (keine Vorlesung, sondern ein Seminar). Sie werden von der Lehrveranstaltungsleiterin begrüßt, eine Gruppeneinteilung wird gemacht und die Studierenden werden mit den Worten: Lesen Sie sich das Kapitel durch. Es sind so zwischen acht und zehn Seiten pro Team. Wir treffen uns in einer Stunde wieder hier, um es zu besprechen. In Wahrheit waren es knapp 20 Seiten…

Didaktisch habe ich beinahe alles falsch gemacht. Und das ganz bewusst. Mir ging es schon auch um den Inhalt der Texte – einen mit der Methode Kugellager durchgeführten Vergleich der Horizon Reports von 2014 bis 2017 – vor allem aber um die Wahrnehmung der Methode, die in geblockten Lehrveranstaltungen nicht selten ist. Nach einer Stunde, als alle wieder im Plenum waren, fragte ich, wie sie die Methode wahrgenommen hätten. Die Studierenden lächelten – sei was Neues, habe Spaß gemacht, sei eine Abwechslung, sie könnten selbst etwas tun… Ich war – sagen wir – perplex. Als ich ihnen dann eröffnete, dass es eigentlich ein Negativbeispiel (ich wollte auf die Vor- und Nachteile des Flipped Classrooms und von Blended Learning-Settings hinaus) sein sollte, rückten sie mit ihren echten Meinungen heraus, dass es sie genervt habe und sie es viel lieber zuhause in Ruhe vorbereitet hätten. Aber die Methode sei wirklich gut gewesen, schließlich seien sie schlimmeres gewöhnt.

Didaktisch habe ich beinahe alles falsch gemacht. Und das ganz bewusst. Mir ging es schon auch um den Inhalt der Texte – einen mit der Methode Kugellager durchgeführten Vergleich der Horizon Reports von 2014 bis 2017 – vor allem aber um die Wahrnehmung der Methode, die in geblockten Lehrveranstaltungen nicht selten ist. Nach einer Stunde, als alle wieder im Plenum waren, fragte ich, wie sie die Methode wahrgenommen hätten. Die Studierenden lächelten – sei was Neues, habe Spaß gemacht, sei eine Abwechslung, sie könnten selbst etwas tun… Ich war – sagen wir – perplex. Als ich ihnen dann eröffnete, dass es eigentlich ein Negativbeispiel (ich wollte auf die Vor- und Nachteile des Flipped Classrooms und von Blended Learning-Settings hinaus) sein sollte, rückten sie mit ihren echten Meinungen heraus, dass es sie genervt habe und sie es viel lieber zuhause in Ruhe vorbereitet hätten. Aber die Methode sei wirklich gut gewesen, schließlich seien sie schlimmeres gewöhnt.   Gut, da waren wir. Eine Gruppe Studierender, die im Studium schon weiter fortgeschritten ist, traut sich nicht, die eigene Meinung zu vertreten. Es könnte ja die Note leiden… Nicken in der Gruppe. So funktioniere das System. Nicken in der Gruppe. Man müsse sich arrangieren, man müsse auch herausfinden, was die Lehrenden wollen, danach agieren. Nicken in der Gruppe. Als mich dann eine Studierende fragte, ob sie beim Take Home Exam, bei dem ich explizit nach einer kritischen Meinung zu einem Text gebeten hatte, auch wirklich kritisch sein dürfe und wie weit sie sich von meiner Meinung entfernen dürfe (Hm? Ich hatte meine Meinung eigentlich nie geäußert…), und die Gruppe gespannt lauschte, musste ich meine Bitte-Machen-Sie-Fehler- und Bitte-Seien-Sie-Kritisch-Rede auspacken. Meine Studierenden kennen sie.   

Quelle: Pixabay

Was ist das für ein System? Das 4K-Modell des Lernens? Keine Spur davon. Stattdessen: Multiple-Choice-Quizzes. Ja, ich weiß. Ich schwarzweißmale (gibt es das Verb eigentlich – ich könnte ja Google fragen, tu ich jetzt aber doch nicht). Es ist nicht immer so. Aber vielfach werden die Studierenden auf Testformate gedrillt (Training to the Test – Jörn Loviscach berichtet davon) und der Lernerfolg via Bulimielernen erzielt (oder nicht). Vernetztes Lernen? Eher selten. Der Blick über den Tellerrand? Wird kaum gewagt.

Wenn ich dazu das Interview mit Andreas Helmke durchlese, der fünf Kriterien identifiziert, die auf guten Unterricht hinweisen, so frage ich mich, ob an der Hochschule Lehrer/innen gefragt sind. In den Horizon Reports wird in unterschiedlichen Ausgaben immer wieder (2014, 2015, 2016) drauf hingewiesen, dass die Rolle oder der Stellenwert der Lehre in den Hochschulen eher zweitrangig ist. Jetzt nicke ich. Wenngleich es tolle Lehrpreise gibt – beispielsweise den Ars Docendi oder an der Universität Graz gleich zwei Lehrpreise (Lehre: Ausgezeichnet! und Digitale Lehre: Ausgezeichnet!) –, so kenne ich wenige Lehrende die vor den Vorhang treten und sagen: Ich mache gute Lehre und will, dass jede/r sie sieht.

Meine analoge und meine digitale Filterblase unterscheiden sich hier eklatant. Während beispielsweise auf der Seite der Bildungspunks im Zuge der Beitragsparaden tolle Ideen geteilt werden und ich durch Twitter auf neue Methoden und Tools stoße, beispielsweise das Station Rotation Model, das ich unbedingt ausprobieren möchte, so fehlt mir dieser Austausch in der analogen Welt doch immer mehr. Habe ich eine Lösung? Nein! Ich blogge darüber für die digitale Welt und nutze diese Posts auch, um meine Gedanken zu ordnen und über meinen Beruf nachzudenken (wie in diesem Blogpost). Ich versuche, meinen Studierenden ein gutes Vorbild zu sein und sie zu Kreativität und zum Nachdenken zu bringen. Ich trete aber in der analogen Welt auch nicht vor den Vorhang und posaune herum, wie gut meine Lehre ist. Es liegt nicht an mir, dies zu beurteilen.