Ist das die richtige Reihenfolge? Und wenn fordern, soll es dann herausfordern oder überfordern sein?
Philippe Wampfler hat vor einiger Zeit einen schönen Blogpost geschrieben zum Thema Lehrpersonen überfordern – ein Vorschlag für Workshops und dabei vorgeschlagen, Lehrende in Fort- und Weiterbildungen zu überfordern.
Auslöser des Beitrags war eine Diskussion auf Twitter mit Bob Blume, in der es um die Gestaltung von Workshops ging. Philippe beschreibt daraufhin einen von ihm gehaltenen Workshop und zieht aus ihm Schlüsse. Drei Tage später führt er seine Gedanken in Das Transfer-Problem in der Weiterbildung von Lehrkräften weiter aus.
Wenn ich mich beim ersten Beitrag noch an der Terminologie gestört habe, dann nicke ich beim zweiten heftig.
Ich denke nicht, dass wir Lehrende in Fort- und Weiterbildungen überfordern sollen, sondern dass wir sie herausfordern sollen (ein Beitrag zur Cognitive Load Theory wird noch folgen). Workshops, die maßgeschneidert das liefern, was Lehrende vermeintlich brauchen, haben insofern wenig wert, als das eigene Denken und die Kreativität nicht zwangsläufig gefördert werden damit. Was ich damit meine: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Lehrpersonen sich konkrete Unterrichtssettings und fertige didaktisierte Einheiten wünschen und diese dann mit nach Hause nehmen. Dort kommen sie drauf, dass diese Settings nicht zu 100 Prozent in ihre Klasse passen oder dass sie gerade in diesem Moment nicht passen. Die Materialien werden abgelegt. Einmal abgelegt heißt aber vielfach, endgültig abgelegt zu sein. Denn kurze Zeit später wissen sie nicht mehr, in welche Rahmenbedingungen das Setting eingebunden ist, welche Kompetenzen trainiert werden, was der tiefere Sinn dahinter ist. Sie haben sich nicht kritisch damit auseinandergesetzt und sie haben es nicht reflektiert.
Die 4+1 C‘s
Wir fordern von unseren Schüler*innen die 4C’s als Skills ein; lernende Lehrende sind von dieser Forderung ausgenommen? Eigentlich sollten doch auch sie kreative Lösungen für bestehende Herausforderungen finden und eigene Wege gehen können, sollten auch sie Settings, Tools, Materialien kritisch bewerten können, sollten in Teams arbeiten und Ideen teilen können und ihre Inhalte auch kommunizieren. Sie sollten eigentlich in einem Netzwerk leben, auf das sie bei Bedarf zurückgreifen können (Connectivism). Stattdessen liefern wir ihnen fertige didaktische Settings und wollen in unsere Fort- und Weiterbildungen so viel wie möglich hineinpacken, um vermeintlich hohen Transfer zu erzielen. Wir haben doch nur so wenig Zeit… Die Lehrenden bleiben in ihrer Komfort- oder Wohlfühlzone. Dass dies so nicht funktioniert zeigt nicht nur Philippe Wampfler, sondern auch Alicia Bankhofer in einem Blogpost zur Media Literacy Week und spricht von einem Dilemma ohne leichte Lösung.
Keine leichte Lösung?
Lehrende fort- und weiterzubilden ist immer schwierig. Man sagt nicht umsonst, dass Lehrer*innen die schlimmsten Schüler*innen sind. Sie korrigieren während der Fortbildung, sie tratschen, sie verfallen oftmals in genau jene Attitüde, die sie ihren Schüler*innen verbieten. Sie handeln und denken wie Schüler*innen. Und dabei ist das Berieseltwerden eine willkommene Abwechslung zum aktiven Unterrichten. Hat Alicia recht? Gibt es keine einfache Lösung im Hinblick auf Workshops mit Lehrer*innen? Ich bin mir da nicht sicher…
Wasser predigen und Wein trinken?
Kennen Sie das Sprichwort? Nun, ich bin dazu übergangen, von den Lehrer*innen genau das zu verlangen, was ich von Schüler*innen oder den Studierenden verlange. Sie müssen in mehrtätigen Workshops Hausaufgaben erledigen, sie erstellen immer Artefakte und diese müssen als Open Educational Resources lizenziert sein. Das von mir vorgestellte Werkzeug oder Modell müssen für die eigene Lehre angepasst und umgesetzt und dann anschließend auch geteilt werden. Ich richte mich dabei nach einem – wie ich meine – schönen Medienkompetenz-Modell:
Eine ausführliche Beschreibung des Modells lässt sich hier nachlesen. Wie bei den Schüler*innen auch beginne ich bei den Basics. Wir haben hierüber auf Twitter schon nach Beispielen gesucht. Es gibt noch einige mehr… Und ja, ich bekomme dafür oftmals Murren und Raunzen. Aber so ist das eben. Lernen ist nicht immer Spaß. Lernen soll lustvoll sein oder zumindest Lust auf mehr machen. Gibt es fertige Lösungen, wird die Lust auf mehr vielleicht von vornherein gestillt. Und das ist nicht mein Lehrziel in den Fort- und Weiterbildungen.