„Das Internet ist ein schöner Platz zum Spielen, wenn man mitdenkt.“ Teil 2 meiner Nachlese zum Jugendreferententag des Steirischen Blasmusikslandesverbands.
Teil 2 der Nachlese startet mit dem Fazit, das Johannes Dorfinger, der Keynotespeaker des Tages, uns am Ende seines Vortrags mit auf den Weg gegeben hat. Ich finde das Fazit sehr schön, vor allem da Johannes davor einen Vortrag über das Urheberrecht, Creative Commons, Deep Fakes und Fake News gehalten hat. Kurzweilig, interessant und abwechslungsreich war der Vortrag – und vor allem Augen öffnend. Auch für mich als Filterblasenkollegin.

Recht und Unrecht im virtuellen Raum
„Wenn du es nicht einfach erklären kannst, hast du es nicht verstanden.“ Das weiß man aus der Schule; auch Landesobmann Erich Riegler hat uns das Zitat mit auf den Weg gegeben. Ich referiere selbst oft zum Thema Recht und Unrecht im virtuellen Raum, ich weiß, wie schwierig das Thema und vor allem die Annäherung an das Thema ist. Das umso mehr, umso härter sich Mythen halten, die Johannes Dorfinger der Reihe nach gebusted hat.
So rund um UrhG §78 auch bekannt als Recht am eigenen Bildnis. Der Mythos: Ab einer Gruppe von xx Personen gilt das Recht am eigenen Bildnis nicht mehr. Nein, es gibt keine Personengrenzen. Was also bei Festen tun, wenn man Fotos veröffentlichen will? Am besten, man schreibt die Absicht auf die Einladung, lässt es noch ansagen und hängt auch Informationszettel auf. Ob es hilft? Naja…
Natürlich gilt bei allen rechtlichen Aspekten zwei Jurist*innen, drei Meinungen. Man beginnt als Jurist*in auch jeden Satz mit „Grundsätzlich“ und betrachtet alles kasuistisch. Es kommt schließlich drauf an. Wichtig ist, dass Fotos, die man veröffentlicht, die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Person nicht verletzen, diese nicht herabwürdigen.
Was das Urheberrecht betrifft, so sind Abmahnungen mittlerweile durchaus üblich. Johannes hat es mit einem Augenzwinkern so treffend beschrieben. Es gibt nämlich Personen, die über eine ganz spezifische Kompetenz verfügen, um Urheberrechtsverletzungen zu finden. Der Profibegriff hierfür lautet: Googeln. Dabei muss man sich immer die Frage stellen, was einen Schöpfungscharakter hat. Johannes Beispiel, das Musikstück 4’33“ (John Cage), ist eindrucksvoll. Aber hören Sie selbst:
Johannes erklärte den Unterschieden zwischen dem Fotografieren und dem Veröffentlichen von Inhalten, der Frage nach dem unwesentlichen Beiwerk (§42e UrhG) und auch den Ausnahmen für den Unterricht (§42g UrhG). Es gibt hier so viel zu sagen. Anders als viele andere Vortragende, die ich kenne, war das Fazit aber eher positiv: Das Urheberrechtsgesetz ist schwierig, viel ist aber handlebar. Wir haben die Rechte an den Werken, dürfen die Verwertungs- und Nutzungsrechte aber übertragen, Werke aber nicht zweckentfremden. Und wenn es sich um Bilder handelt, dann sind Persönlichkeitsrechte beim eigenen Bild noch dabei. Aber eigentlich ist alles recht überschaubar, wenn man sich einmal eingelesen hat. Vor allem da es Creative Commons gibt – Creative Commons sind unser Freund, sagt Johannes und Recht hat er.
Meine Tipps
- Ich habe einige Materialien zur Creative Commons und Open Educational Resources zusammengetragen. Hier mein täglich genutztes Google Doc dazu und auch eine Zusammenschau als Tutory-Arbeitsblatt. Hier finden sich zahlreiche Bildquellen und Hinweise zur Nutzung.
- Sehr zu empfehlen sind in diesem Zusammenhang auch die Überlegungen von Armin Harnisch (@DerLinkshaender). Er hat eine Sammlung an Bildquellen für Schulreferate zusammengestellt. Sehr übersichtlich, sehr ausführlich.
Fake News sind keine Erfindung seit Donald Trumps
Nein, sie sind nur seit dem amerikanischen Präsidenten salonfähig. Die Beispiele von Johannes sind absolut retro. Kennen sie die pazifische Nordwestbaum-Krake? Ich kannte sie nicht. Vielleicht, weil es sie nicht gibt. Aber auf einer Webseite aus dem Jahr 1998 ist sie zu sehen und man kann so einiges über sie nachlesen. Und damals war das Bewusstsein für Fake News noch nicht wirklich vorhanden. Ist es heute auch noch nicht.
Die Tagespresse und Der Postillon sind als Satirezeitungen bekannt, dennoch fallen immer wieder Menschen auf die Artikel herein. Man muss sich nur die Kommentare auf Facebook und Twitter durchlesen. Es wäre fast lustig, wäre es nicht eigentlich so traurig. Wie sehr Realität und Fiktion miteinander verschwimmen zeigt Qualityland von Marc-Uwe Kling, das uns Johannes als Hörbuch zur Audiolektüre empfohlen hat. Es gibt zwei verschiedene Versionen. Das Buch ist eine Dystopie und spielt mit den Tendenzen der Digitalisierung.
Wer sich mit Utopien und Dystopien im Unterricht beschäftigen will, wird bei Monika Stillers Padlet-Sammlung sicher fündig.
Deep Fakes als Steigerung von Fake News?
Bei Fotos und Texten, auch bei Tweets sind wir ja vielleicht mittlerweile auch einigermaßen sensibilisiert. Erschütternd sind aber Deep Fake Videos. Wussten Sie, dass Keanu Reeves eigentlich für die Rolle in Forrest Gump vorgesehen war? Sehen Sie sich hier einfach die ersten Probeaufnahmen an…
Alles Fake und man braucht hier auch keine wirkliche Spezialsoftware mehr. Man kann sich die Entwicklung von Angela Merkel zu Donald Trump ansehen.
Oder man sieht sich an, wie sich Deep fakes gestalten lassen:
Wer Fake News im Unterricht behandeln will, wird bei Philippe Wampfler sicher fündig. Er hat einige didaktische Settings zusammengestellt und auf seinem Blog veröffentlicht.
Die Realitätssicherheit wird erschüttert. Vor allem auch, weil Fake News und Deep Fakes von Zeitungen weitergeteilt werden. Sie schaffen es sogar ins Fernsehen. Schauen wir uns das Beispiel des Skorpions in einem Wiener Park an. Einige Medien haben darüber berichtet, es gab einen Lokalaugenschein (und die Krone entschuldigte sich dann auch dafür). Dabei wurde das Video von Peter Klien und seinem Team gefaked. Es gab keinen Skorpion. Es gibt keinen Skorpion.
Aber die Erfahrung wirkt nach. Worauf können wir uns in der heutigen Zeit noch verlassen? Was ist echt? Was ist unecht? Wo können wir lernen, mit den aktuellen Tendenzen umzugehen? Wir sind nicht in Social Media hineingeboren. Wir müssen lernen, damit umzugehen. Ich bin ja selbst auch froh, dass in meiner Jugend noch kein Facebook oder Instagram vorhanden war. Wir haben die Momente genossen und sie nicht festgehalten, um uns danach daran zu erinnern. Ja klar, wir haben jetzt auch weniger handfeste Erinnerungen. Aber wie viele Fotos schauen wir wirklich auch später noch an? Wieviel archivieren wir, um es zu archivieren?
Tipps und Tricks für digital Aktive
In allen Teilbereichen, die Johannes Dorfinger in seinem Vortrag angesprochen hat, gab er uns als Zuhörer*innen auch Tipps und Tricks für die Praxis.
- Nachdem er über Plickers (ein sehr empfehlenswertes Tool!) abgefragt hatte, dass niemand die AGB von Facebook gelesen hat und das Urheberrecht unbekannt ist, klärte er uns auf, die Privatsphäre-Einstellungen von Apps wie Facebook oder Instagram anzuschauen. Nur weil etwas technisch möglich ist, muss ich es nicht auch wollen. Will ich meine Bilder freigeben? Für wen möchte ich die Bilder freigeben?
- Für Facebook ist es bekannt, dass man die Zielgruppe einstellen kann. Das geht auch für den Status auf WhatsApp: Auch hier kann man zum Beispiel „Teilen außer mit“ dem Chef einstellen.
- Fotos in sozialen Netzwerken sollten nie mit der höchsten Auflösung hochgeladen werden. Ist die Qualität nicht sehr hoch, können die Fotos auch weniger für Werbung weitergenutzt werden. Man könnte hier auch ein Wasserzeichen einfügen.
- Möchte man auf den unterschiedlichen Social-Media-Kanälen mit Videos arbeiten, so eignen sich kurze Sequenzen von einigen Sekunden für ein eingebettetes Video, da dies unserer Aufmerksamkeitsspanne entspricht. Diese Längenangabe ist jedoch fraglich.
- Und ganz wichtig: Wir bleiben für gewöhnlich medial in einem Wohlfühlkreis. Die Medienblase ist eine Wohlfühlblase. Diese Filterblase, unsere Echokammer, sollten wir hie und da verlassen. Wie wäre es, die Krone und den Falter zu abonnieren?
Wir sollten, sobald wir in den Weiten des Internets unterwegs sind, bewusst agieren. Das Löschen ist viel aufwändiger als das Posten. Wenn man bereits vor dem Posten mitdenkt, muss man dahinter vielleicht auch weniger löschen. Das Internet vergisst ja nichts.